Auftragsabwicklung in der SchweizDienstleistungserbringung in der Schweiz: Was Selbstständige wissen müssen
Es kommt immer wieder vor, dass sich aus dem Ausland in die Schweiz entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Selbstständigerwerbende bezeichnen, um den Vorschriften des Gesetzes zu entgehen. Aus diesem Grund setzen die Schweizer Behörden verstärkt auf Kontrollen von Scheinselbstständigkeit. Wir geben einen Überblick, was Sie als selbstständiger Dienstleistungserbringer in der Schweiz beachten müssen.
Selbstständigkeit vs. Scheinselbstständigkeit
Was sind die Merkmale von "Selbstständigkeit" und was fällt unter "Scheinselbstständigkeit"? Wir fassen die wichtigsten Aspekte aus der Weisung "Vorgehen zur Überprüfung der selbständigen Erwerbstätigkeit von ausländischen Dienstleistungsrebringern" der Schweizerischen Eidgenossenschaft zusammen.
Bitte beachten Sie: Der Begriff der Selbstständigkeit bestimmt sich bei der Auftragsabwicklung in der Schweiz nach schweizerischem Recht. Bei der Überprüfung Ihres Status in der Schweiz wird außerdem die konkrete Arbeitssituation beurteilt und nicht der Status, den Sie in Ihrem Herkunftsland haben.
Elemente der Scheinselbstständigkeit
Als scheinselbstständig gelten Personen, die sich aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags, der kein Arbeitsvertrag ist, zu persönlicher Arbeitsleistung verpflichtet haben und von ihrem Vertragspartner wirtschaftlich abhängig sind.
Scheinselbstständigkeit ist nicht automatisch mit der Absicht verbunden, ein Arbeitsverhältnis verheimlichen zu wollen. Es besteht die Möglichkeit, dass den Vertragsparteien nicht bewusst ist, dass zwischen ihnen ein arbeitsvertragsähnliches Verhältnis besteht.
Folgende Merkmale sind charakteristisch für eine Scheinselbstständigkeit:
- Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Vertragspartners
- Kein Entscheidungsspielraum der scheinselbstständigen Person beziehungsweise übermäßige Weisungsintensität des Vertragspartners bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsverfahren, Einsatzplan
- Wirtschaftliche Abhängigkeit vom Vertragspartner:
- Verzicht der scheinselbstständigen Person auf unternehmerische Tätigkeit, kein freies Bewegen am Markt, kein eigenes Aushandeln des Preises für Leistungen.
- Oftmals nur für einen (Haupt-)Vertragspartner im Einsatz. Das kann mit dem Wegfall des unternehmerischen Risikos verbunden sein.
- Entgeltabhängigkeit: Wer für seine Arbeitsleistung ausschließlich von einem oder wenigen Vertragspartnern Entgelt erhält, ist regelmäßig wirtschaftlich abhängig.
Entscheidend ist das Verhältnis eines bestimmten Arbeitsentgelts zur Gesamtsumme der Erwerbseinkünfte. Wer regelmäßig (insbesondere monatlich) für persönliche Arbeitsleistung entschädigt wird, gilt als lohnbeziehender Arbeitnehmender. Der Verlust des Vertragspartners ist dem Verlust des Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen.
Indizien für eine Selbstständigkeit
Das Vorhandensein der drei gesetzlich vorgegebenen Dokumente ist als starkes Indiz für das Vorliegen einer Selbstständigkeit zu werten, wenn ...
- das Meldeformular für selbstständige Dienstleistungserbringer ausgefüllt wurde und die Bestätigung dieser Meldung vorliegt / eine Bewilligung für eine selbstständige Tätigkeit ausgestellt wurde.
- das vom Sozialversicherungsträger des Herkunftsstaates ausgestellte A1-Formular bescheinigt, dass die betreffende Person in ihrem Herkunftsstaat als selbstständigerwerbend versichert ist.
- die Kopie des Auftrags / Werkvertrags oder die Bescheinigung des Auftraggebers auf das Vorliegen eines echten Auftrags / Werkvertrags zwischen den Vertragsparteien schließen lassen.
Nachweise für eine Selbstständigkeit
Die folgenden Unterlagen dienen dem Nachweis der selbstständigen Erwerbstätigkeit und können von den Kontrollorganen zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Dokumenten vom kontrollierten selbstständigen Dienstleistungserbringer angefordert werden:
- Belege der Selbstständigkeit im Herkunftsland:
- Gewerbeschein, Gewerbeanmeldung
- Mitgliedschaft in einem Berufs- oder Fachverband, in einer Handwerkskammer
- Meldung beim Finanzamt (Mehrwertsteuer- bzw. Umsatzsteuernummer) - Belege der Selbstständigkeit hinsichtlich des Kriteriums "Arbeitsorganisation":
- Abrechnungen, welche die eigene Rechnungsstellung belegen
- Abrechnungen für Übernachtungen am Einsatzort mit Hinweis darauf, wer diese bezahlt hat - Belege der Selbstständigkeit hinsichtlich des Kriteriums "wirtschaftliche Abhängigkeit":
- Kaufbelege für Arbeitsmaterial, Geräte
- Kopie des Fahrzeugscheins / Autoversicherung, falls ein eigenes Fahrzeug vorhanden ist
- Betriebshaftpflichtversicherung
- Abschluss einer Unfallversicherung, weitere Versicherungen, welche einen allfälligen Erwerbsausfall abdecken
- Mietverträge für Geschäftsräumlichkeiten im Herkunftsland, falls diese nicht Eigentum der kontrollierten Person sind
- Kundenliste
Wichtig: Seien Sie kooperativ
Wenn Sie als Unternehmerin oder Unternehmer von den Schweizer Behörden aufgefordert werden, umfangreiche Unterlagen zum Nachweis Ihrer Selbstständigkeit einzureichen, kommen Sie der Aufforderung in jeden Fall nach. Bleiben Sie stets kommunikativ und kooperativ – dann steht einem erfolgreichen Auftrag nichts mehr im Wege.